Freitag, 6. Mai 2016

Sonnencreme und Pfefferspray...



...hätte ich heute gut gebrauchen können, denn ich war im Hansa-Park. So ein verdammt gutes Wetter, das verlockt einfach, und ich wollte sehen, wie weit die Arbeiten beim Schwur des Kärnan vorangekommen sind. Also springe ich ins Auto, fahre mal wieder ganz nichtsahnend los, biege kurz vor Sierksdorf links ab und sehe in der Ferne schon den Turm der Festung aufragen. Dann kommt zur Rechten der Fußweg in Sicht, der den Bahnhof Sierksdorf mit dem HaPa verbindet. Das heißt, er käme in Sicht, wenn man vor lauter Menschen noch den Asphalt sehen könnte. Ein nicht enden wollender Strom ("Nolite! Wollet nicht!") an Besuchern fließt in Richtung des Parkeinganges, klar, eben ist gerade der Regionalexpress aus Lübeck angekommen, der bringt bei solchem Wetter immer viele Menschen mit.

Also biege ich links ein Richtung Parkplatz und suche eine Reihe mit freien Plätzen. Reihe 4...6...8... und mir kommen massenweise Touristen entgegen. Langsam schwant mir, dass es voll werden könnte. Kein Wunder: Himmelfahrtswochenende, Brückentag, himmlisches Wetter, nicht zu heiß, aber trocken und sonnig. Ich biege schließlich in Reihe 20 ein, das kann doch nicht sein, dass da nichts frei sein soll. Ich fahre weiter. Und weiter. Und weiter, bis dahin, wo der Parkplatz aufhört und der Wald anfängt. Hier gibt es schon keine Straßen mehr, die Wege sind nicht gepflastert und ich rolle den Trampelpfad entlang, der Kies knirscht unter meinen Rädern. Wenn man vom Eingang aus schaut, ist es da ganz hinten links. Nein, noch weiter hinten. Siehst Du dort, wo die Birken stehen und die Menschen aussehen wie Ameisen? Ja, also von dort aus noch drei Meilen gen Norden. Kurz vor Fehmarn.

Und ich bin heilfroh, dass ich nicht erst noch eine Karte kaufen muss, kann also die sabbernden Monstermassen und ihre Betreuer links und rechts rumnölen lassen. Nein, hier brauche ich noch kein Pfefferspray - aber Sonnencreme wäre eine gute Investition. In Erwartung horrender Wartezeiten spaziere ich zu Nessie und sehe erfreut, dass zwei Züge in Betrieb sind. Damit erreicht die Bahn bei 90-Sekunden-Taktung eine theoretische Kapazität von 1120 Fahrgästen pro Stunde. Das ist für einen Park in der Größe des HaPa vollkommen ausreichend. Als Vergleichswert: Silver Star im Europa-Park verschlingt pro Stunde mehr als 1800 Fahrgäste - trotzdem muss man warten. Aber nach zehn Minuten sitze ich auf meinem Stammplatz (ganz hinten rechts) und genieße den traumhaften Blick über die Ostsee.

Unweigerlich führt mich der Weg zu Kärnan, die Warteschlange reicht bis zum Eingangstor des Festungsgeländes, man darf in diesem Fall mit ziemlich genau einer Stunde Wartezeit rechnen. Im Englischen nennt man so eine Bahn capacity nightmare, das trifft es bei etwa 384 Fahrgästen pro Stunde. Ist voll okay, ich lass mich sonnen - solange es noch geht; die meiste Zeit verbringt man im Schatten des Turmes und in den Gewölben der Festung. Und während ich so warte, wünschte ich mir das Pfefferspray herbei, um einfach diese unreflektierte Scheiße loszuwerden, die mir von dämlichen Teenagern vor und hinter mir entgegenschallt (a la "Uhh, warum schreien die denn alle, ist doch gar nicht schlimm." - Ja, Dschasstin, Du bist so super cool, dass Du noch nichtmal weißt, dass es diverse Gründe gibt, in der Achterbahn zu schreien - whatever, er scheint den Kopf auf Durchzug zu haben, kein Problem, wenn da drin nichts zum Blockieren ist). Heute hat's leider nicht so gut geklappt mit dem Ausblenden. Spätestens, als der Gang ansteigt und es die Festungsmauern entlang geht, bin ich abgelenkt durch das Betrachten der Fortschritte. Die Fassadenarbeiten kommen gut voran, insgesamt würde ich jetzt schätzen, steht die Thematisierung bei etwa 60%. Am Turm selbst ist noch nichts geschehen; das darf aus Gründen der Durchhärtung des Betons erst im August losgehen. Das Zugbrückentor ist fertig und sehr schön, der Soundtrack ist ordentlich installiert und insgesamt neun Flachbildschirme zeigen einem das Kärnan Museum TV, die Dokumentation, die den ganzen Besuch in der Festung umrankt. Die ersten fünf Teile sind mittlerweile hier bei Youtube zu sehen.

Im Inneren der Festung erwarten einen mehrere Räume, bevor man zum Bahnhof gelangt. Drei Räume sind noch in Arbeit, ich weiß, was dort entstehen soll, aber will niemanden spoilern. Danach gelangt man in den Taschenraum, wo ein weiteres thematisches Video den Fahrgästen das System der Gepäckabgabe erklärt. Das Thema? Wir erforschen den heutigen Kärnan und haben das geheime Atelier des Baumeisters entdeckt. Von da an wird es richtig spannend und da man sich nicht mehr an Taschen o.ä. klammern muss, kann man von jetzt an alles auf sich wirken lassen. Was dieses "Alles" ist, werde ich in meiner Analyse beschreiben, sobald das Projekt komplett fertiggestellt ist. Es ist jetzt bereits sehr beeindruckend, und der Soundtrack ist haargenau auf die Fahrt abgestimmt. Man bekommt eine kleine Gänsehaut, wenn man im Dunkeln im Turm hochgezogen wird und dabei Erik Menveds magische Formel hört, mit der er die Festung gegen Feinde gesichert haben soll. Hoffentlich kann ich bald mal wieder in der ersten Reihe fahren - man wird per Zufall zugeteilt (mit einem recht genialen Trick).

Ach, das war schön, ich fühle mich durchgeschüttelt, jetzt können mir auch nervige Parkbesucher nichts mehr anhaben. Dachte ich und wurde eines Besseren belehrt. Es scheint heute wieder eine Epidemie des "Ich bleibe ohne Vorwarnung mitten auf dem Weg stehen und stelle meinen Kinderwagen links neben mich, gebe meinem Balg rechts ein Brötchen, so dass auf diesem fünf Meter breiten Weg keiner mehr vorbeikommt" umgegangen zu sein. Hoffentlich erholt man sich davon wieder. "Pánta rhêi", sagt der Grieche, aber der heutige Besucherstrom fließt nicht.

Naja, ich trottel' dann wieder zurück zum Auto, stehe auf der Brücke, die über die B20whatever führt, und schaue die parkenden Autos an. Es ist nicht zu glauben: Bis auf die hintersten Wald-Birke-Trampelpfad-Fehmarn-Ecken ist alles belegt. Was bin ich froh, dass ich früher gehe und nicht in den Abendverkehr komme, lang lebe die Saisonkarte.

Ein grandioser Tag für den Hansa-Park.
Ein grandioser Tag für Sonnenbrand.
Ein grandioser Tag für Dr Hilarius.

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