Freitag, 27. Januar 2017

Die Kommentarfunktion


Humanistische Pädagogik war das Eine meiner beiden Prüfungsthemen im Pädagogikexamen. Das andere lautete Soziale Netzwerke als Mittel zur Konstruktion von Identität, oder so ähnlich. Ich fand das sehr spannend, weil auch ich mich selbst ausprobiert habe und Profile von mir erstellt habe, im StudiVZ, bei Facebook oder auf den blauen Seiten.

Was macht man da so? Nun, der Eine oder die Andere lädt dort Bilder von sich hoch, oder Videos, oder teilt Inhalte mit Anderen. Nach dem Motto "Wow, das musst du dir anschauen, ganz toll!" - und man schaut und kommentiert dann. Ja, das war wirklich ganz toll - oder eben nicht. Manche Menschen kommentieren alles. Sie bringen zu jeder Sache ihre Meinung. Der 0815-Internetuser bringt seine Meinung nur, wenn provokante Bilder oder Thesen gezeigt werden.

Ja, das ist schon spannend, was die Leute so alles zu sagen haben, wenn zum Beispiel Marcus Pretzell von der AfD zum Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt sagt "Es sind Merkels Tote!" Also, er hat es nicht gesagt, er hat es getwittert. Macht es nicht besser: Diesen Tweet kann man, wie alles Andere auch, kommentieren. Ist doch super, so kann man endlich der Neuen Rechten das Maul stopfen.

Dachte ich einst.

Damals habe ich Kommentare gelesen. Und ich habe gemerkt, dass mir das nicht gut tut: In den Kommentaren zeigt sich ein Gesicht von Deutschland, das mich anwidert. Da werden rechte Parolen gepostet, ausländerfeindliche Sprüche, homophobe Hetze. Das ist richtig beliebt! Denn in der Anonymität des Internets wird man "ja wohl mal seine Meinung sagen dürfen." Man muss niemandem Rede und Antwort stehen, einfach einen menschenverachtenden Kommentar in die Tasten kloppen, fertig.

Ich dachte damals, das wäre ein Einzelfall. Aber beim Anschauen weiterer Inhalte stieß ich auf mehr Einzelfälle... und noch mehr... bis ich dann irgendwann wütend, schockiert, ängstlich und traurig dagesessen habe und kurz davor war, den Glauben an das Gute im Menschen zu verlieren. Und das hochbegabte Gehirn kocht innerhalb weniger Sekunden auf hundertachtzig hoch und lässt sich dann nicht mehr so leicht beruhigen.

"Wir sind ja so eine aufgeschlossene Gesellschaft." - Nein.
"Ich habe nichts gegen Schwule, aber..." - Nein.
"Ich bin kein Nazi, nur weil..." - Nein.

Ich lese mittlerweile keine Kommentare mehr. Ich bin im Internet unterwegs, um mir die Inhalte anzuschauen und mir meine eigene Meinung zu bilden. Und endlich verfalle ich auch nicht mehr der Versuchung, doch noch einmal die Kommentare zu durchstöbern, weil ich endlich eingesehen habe, dass es mir nichts bringt. Dass ich nur wieder wütend werde.

Die einzigen Kommentare, die ich immer wieder gern lese, sind jene zu den Inhalten, die ich selbst gepostet habe. Und da dürfen auch gern die Hater loslegen. Und ich find's gut, dass Heiko Maas, unser derzeitiger Justizminister, versucht, konsequent dagegen vorzugehen.

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